5 Jahre Singen ohne Noten – Von der Liebe zur Musik

Artikel aktualisiert am 30.01.2018

Von der Liebe …

Vor sechs Jahren erzählte mir eine gute Freundin von einem neuen Chor, bei dem sie kurz zu vor mitgesungen hatte. Sie wusste von meinen Sing-Ambitionen und sagte mir, dass es möglicherweise eine Chance gäbe, bei diesem Projekt mit dabei zu sein. Geplant waren mehr oder weniger regelmäßige Singabende ab dem Oktober 2011, in Flo’s Atelier. Da wollte ich dabei sein. Kurz darauf kam der Anruf von Vroni.

In unserem allerersten Gespräch hat mir Vroni eine unvergessliche Frage gestellt. Für sie sei es unter anderem wichtig, dass die Menschen, die bei ihrem Sing-Projekt mitmachen, liebesfähig sind. Ich musste mich dieser zugegebenermaßen intimen Frage stellen, noch dazu von einer Unbekannten. Diese Frage, so unzumutbar sie eigentlich war, hatte auch etwas Vertrautes und ich antwortete mit JA …

… zur Musik …

Was dann begann, war unglaublich, schön und an Intimität kaum zu überbieten. Es war ein nie zuvor dagewesenes Gefühl des Glücks, wenn sich verschiedene Stimmen und Stimmlagen völlig verschiedener Menschen zu einem gemeinsamen Klang zusammengefunden haben. Das „Atelier-Klingen“ (so lautete Vronis Bezeichnung für unsere Sing-Abende) waren magische Momente und für Außenstehende unbeschreiblich – so etwas muss man selber erfahren, ersingen, erhören.

In dieser ersten Phase gab es eigentlich zwei Gruppen, die sich manchmal verschmolzen. Beim intimen Abschluss-Singen in der Servitenkirche oder bei den Sing-Wochenenden im Waldviertel (die damals am Rosenhof stattfanden). Man war auch ein wenig in Konkurrenz; wir, die Donnerstags-Gruppe waren immer neugierig ob wir nicht doch irgendwie besser klingen als die Anderen, die Mittwochs-Gruppe. Wahrscheinlich ein Fall von Selbstüberschätzung. Als für Vroni mit Herbst 2014 eine künstlerische Pause notwendig wurde und unklar war ob bzw. wann es weitergehen würde, war die Trauer allseits groß – ein unglaublicher Verlust …

Die Pause dauerte zwei Semester lang. Und mit Herbst 2015 begann eine neue Ära. Aus ursprünglich zwei Gruppen formte Vroni eine Neue. Ab diesem Zeitpunkt waren wir ein Ensemble, hatten einen Namen – Mobleier – das Lobmeyr-Geschäftslokal im 3., unser neues Singquartier, hatte uns zu diesem Namen inspiriert. Von den Lustern erleuchtet und vom Neustart beflügelt begannen wir ein Abenteuer, dessen Ausmaß wir zunächst nicht wirklich ermessen konnten. Gut so! Zum Semesterende im Dezember sollte es ein ordentliches Abschluss-Singen geben, das erste mal mit  Publikum. Der Auftritt sollte kein Selbstzweck sein, also konzipierten wir eine Benefizveranstaltung für die minderjährigen Flüchtlinge, die damals gerade ihr Quartier im Servitenkoster bezogen hatten. Und wir luden Künstler ein, bei dem Projekt mitzumachen. Also nix mehr „Singen nur für uns“ sondern intensiv proben, und das nicht nur bei den Sing-Abenden sondern auch daheim.

Mit jedem Sing-Termin näherte sich der Termin mit einem Riesenschritt – die immer kürzer werdende Distanz zum bevorstehenden Ereignis wurde mit zusätzlichen Übungsabenden kompensiert. Was für ein Glück, dass Vroni gleich zu Beginn klar gemacht hatte, dass für die neue Ära unter anderem auch Pünktlichkeit und Disziplin beim Üben notwendig sind. Das schaffte die nötige Professionalität, die wir für unser Ziel, die Veranstaltung erfolgreich über die Bühne zu bringen, dringend brauchten. Am Samstag Abend des 19. Dezember 2015 versammelten sich dann rund 400 Menschen in der Servitenkirche, es war ein unglaublicher Erfolg und der krönende Abschluss unsere Neustarts.

In den beiden folgenden Semestern waren zwar die Auftritte in der Peregrini-Kapelle kleiner und bescheidener, was die Anzahl der Zuhörer betrifft. Dafür hat Vroni bei der Auswahl der Lieder, die wir sangen, den Level und damit den Anspruch so weit in die Höhe geschraubt, dass wir mit unserem Können (als Gruppe) am Limit waren. Es reichte bei weitem nicht mehr nur den richtigen Ton zu treffen, Intonation, Betonung, Tempo, Klang Verschmelzung der Stimmen und Stimmlagen zu einem Ganzen – das wurde immens wichtig. Stellvertretend dafür stehen: Come ye sons of Art, Schwesterlein oder Cej so tiste stezdice, das uns zeigte, wie gut man mit einem „einfachen“ slowenischen Volkslied scheitern kann. Ich haben den Eindruck, dass wir dabei auch eine Menge gelernt haben.

… zur Leidenschaft

Sechs Jahre später, noch einmal die Frage: Muss man wirklich liebesfähig sein, um in einer Sing-Gruppe, einem Ensemble mitsingen zu können? Man stelle sich vor: Sie möchten an der Musikuniversität aufgenommen werden und eine der entscheidenden Fragen (nennen wir es ein Kill-Kriterium) ist, ob man die notwendige Liebe und Leidenschaft zur Musik mitbringt. Ist das eine Zumutung oder doch eine sehr berechtigte Frage?
Anders gefragt: Was ist wenn Musiker, Sänger und andere Künstler/Meister ihres Faches – in dem was sie tun – keine Liebe mitbringen, für das, was sie tun? Ja, dazu sind wir in der Lage, weil wir darauf konditioniert sind das auszuhalten und Techniken/Fertigkeiten erlernt haben, die uns das ermöglichen. Aber nur weil das scheinbar auch funktioniert, heißt das noch lange nicht dass es auch gut ist.

Meine persönliches Resümee lautet: Wer bei Mobleier mitmacht, muss liebesfähig sein und es braucht die Leidenschaft einer Vroni, dass daraus Klänge entstehen können, die wir nicht nur selber hören wollen sondern auch anderen Menschen eine Freude bereiten.

ES SCHLÄFT EIN LIED IN ALLEN DINGEN!

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